Art. 8 GG schützt die Versammlung unabhängig davon, ob sie angemeldet ist
Der Zweck der Anmelde- bzw. Anzeigepflicht ist es lediglich, der Behörde ausreichend Zeit zu geben, damit sie – in Kooperation mit dem Veranstalter – Vorsorge für einen störungsfreien Verlauf treffen kann (Maßnahmen der Verkehrslenkung u.a. Regelungen zum notwendigen Schutz von Interessen Dritter und der Sicherheit für Allgemeinheit).
Art. 8 GG schützt Organisation und Vorbereitung der Versammlung –
Geschützt ist bereits im Vorfeld die Organisation und Vorbereitung der Versammlung, wie die Versendung von Einladungen, von Werbung.
Art. 8 GG schützt vorbereitendes Training …?
Auch seien „friedliche“ Vorbereitungstrainings geschützt, „um genehmigte Naziaufmärsche blockieren zu können“. („Blockaden, „ziviler Ungehorsam“). So das OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18.09.2012 – 5 A 1701/11. Das führt zum Punkt staatliche Neutralitätspflicht – man darf gespannt sein, ob man da so großzügig ist.
Art. 8 GG schützt die Wahl des Ortes – inkl. Straße
Geschützt ist weiter die Wahl von Ort, Zeit, Ablauf und Gestaltung der Versammlung:
Die Freiheit der Wahl des Ortes erfasst alle öffentlichen Flächen im Gemeingebrauch, auch wenn sie nicht für Versammlungen angelegt sind, in denen aber tatsächlich allgemeine Kommunikation stattfindet (evtl. Friedhof). Das BVerfG hat die Garantie auch auf privaten Flächen erstreckt, die mehrheitlich im Eigentum der öffentlichen Hand stehen und dem allgemeinen Publikumsverkehr geöffnet sind.
Das Versammlungsrecht umfasst insbesondere das Recht auf Mitbenutzung des im Allgemeingebrauch stehenden Straßenraums (z.B. BVerfG NJW 1987, 43-47 Flughafen Frankfurt).
Selbstbestimmungsrecht / Erstanmelderprivileg; Ausnahmen
Art. 8 GG schützt das Selbstbestimmungsrecht hinsichtlich Ort und Zeit der Versammlung. Wenn mehrere Veranstalter zur gleichen Zeit am gleichen Ort demonstrieren wollen, hat der Erstanmelder die zeitliche Priorität (Erstanmelderprivileg). Allerdings können wichtige Gründe eine Abweichung vom Prioritätsgrundsatz rechtfertigen, „wenn die gebotene Güterabwägung gerade auch die hohe Bedeutung der Versammlungsfreiheit berücksichtigt und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit strikt gewahrt wird“ (BVerfG 1 BvR 1423/07 vom 06.06.07 – G8 Heiligendamm). Kein Erstanmelderprivileg auch bei bloß rechtsmissbräuchlicher Gegenanmeldung für eine Veranstaltung, deren tatsächliche Durchführung fraglich ist (Vorratsanmeldung) oder wenn allein die Absicht verfolgt wird, öffentliche Flächen für andere Versammlungen zu blockieren. Denn eine öffentliche Versammlung ist nur dann anmeldefähig, wenn sie konkret geplant ist.
Art. 8 schützt die Freiheit betr. Ablauf und Gestaltung der Versammlung
Geschützt ist die freie Bestimmung von Ablauf und Gestaltung der Versammlung, etwa unter Einsatz von Megafonen und Lautsprechern. Geschützt ist auch die Leitung der Versammlung.
Art. 8 schützt auch den Weg zu und von der Versammlung
Geschützt ist auch die An- und Abreise zum Versammlungsort.
Art. 8 schützt NICHT das Stören und die Anwesenheit in bloßer Verhinderungsabsicht!
Nicht geschützt sind der Zutritt zu einer Versammlung und die Anwesenheit in der Absicht, die Versammlung zu verhindern.